Die menschliche Netzhaut ist ein hochstrukturiertes und komplexes neurosensorisches Gewebe, das eine zentrale Rolle in der Wahrnehmung und visuellen Verarbeitung optischer Signale spielt. Im gesunden Individuum ist das enge Zusammenspiel zwischen der neuronalen Netzhaut, dem eng benachbarten retinalen Pigmentepithel und der unmittelbaren Blutversorgung, der Choriokapillaris, kritisch für ein lebenslang intaktes Sehvermögen. Eine Beeinträchtigung dieses empfindlichen und metabolisch hochaktiven Systems, sei es durch genetische Veränderung, individuelle äußere Einflüsse oder beides, führt zu einer Vielfalt von pathologischen Phänotypen der Netzhaut. Verstehen und Behandeln dieser Krankheitsprozesse werden durch einen hohen medizinischen Bedarf an Therapieoptionen bei jungen, aber auch älteren Patienten, motiviert. Während natürlich vorkommende oder Gen-manipulierte Tiermodelle viele Jahre erfolgreich in der Gesundheitsforschung eingesetzt wurden, haben jüngere Entwicklungen im Bereich der induzierten pluripotenten Stammzell-Technologie neue, bisher nicht bekannte Möglichkeiten geschaffen, Patienten-abgeleitete Zellmodelle der Netzhaut zu generieren. In diesem Review möchten wir explorieren, in welchem Maße solche zellulären Modelle hilfreich sein können die menschlichen Pathologien in vitro abzubilden und somit deren Krankheitsmechanismen zu verstehen, was wiederum zu Behandlungsoptionen in einem definierten Zelltyp auf einem individuellen Patienten-spezifischen genetischen Hintergrund erlauben würde.