Die Nervensonografie existiert bereits seit den 80er Jahren und dank verbesserter Technologie ist heutzutage eine millimetergenaue Visualisierung von Nerven möglich. Zur Darstellung von peripheren Nerven stehen verschiedene Bildgebungsverfahren wie die Computertomografie oder die Kernspintomografie zur Verfügung, wohingegen die Sonografie in dieser Hinsicht eine zeitlich und preislich günstigere Alternative darstellt. Die Sonoanatomie der Nerven bzw. die Referenzwerte für die Nervenquerschnittsflächen bei gesunden Patienten wurden in zahlreichen Studien untersucht. Im Bereich des Kompressionssyndroms sind besonders über die Nervensonografie beim Karpaltunnelsyndrom (KTS) zahlreiche Studien veröffentlicht worden. Dabei konnte eine Kaliberzunahme des N. medianus am Karpaltunneleingang gezeigt werden. Die Nervensonografie bei Polyneuropathien stellt ein weiteres interessantes Forschungsfeld dar. Hinsichtlich der immunvermittelten Neuropathien ist auch über die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) berichtet worden. Im Gegensatz zu Kompressionssyndromen beobachtete man bei der CIDP multifokal und diffus auftretende Nervenverdickungen. Ein klinisches Problem stellt das gemeinsame Vorkommen von KTS und CIDP dar, denn weder die geschilderten Beschwerden noch die Elektrodiagnostik erlauben stets eine genaue Zuordnung zu einem der genannten Syndrome. Dieses Problem spielt vor allem bei der Entscheidung zur richtigen Therapie eine Rolle. In unserer Studie wollten wir den Stellenwert der Nervensonografie bei Patienten mit sowohl chronisch inflammatorischer demyelinisierender Polyneuropathie plus Karpaltunnelsyndrom (CIDP-KTS) als auch bei Patienten mit idiopathischem Karpaltunnelsyndrom (KTS) sowie bei Patienten mit alleiniger chronisch inflammatorischer demyelinisierender Polyneuropathie (CIDP) überprüfen. Als Vergleich sollte eine gesunde Kontrollgruppe (KONTROLL) dienen. Zudem sollte überprüft werden, ob sich Grenzwerte herausarbeiten lassen, die die Zuordnung zu den einzelnen Formen der peripheren Nervenerkrankungen erlauben. - 8 - In weiteren Messungen sollten die Messerergebnisse der rechten und der linken Hand miteinander verglichen werden. Der Einfluss von Geschlecht, Alter, Körpergewicht, Körpergröße, BMI und Handgelenks-/Unterarmumfang auf die Nervenquerschnittsfläche sollte ebenfalls untersucht werden. Von allen Patienten lag eine schriftliche Patienteneinwilligung vor. Des Weiteren wurde die Durchführung dieser Studie von der Ethikkommission der Universität des Saarlandes genehmigt. Für diese prospektive Studie wurden 84 Patienten (54 männlich, 30 weiblich) mit einem Altersdurchschnitt von 55,9 ± 16,8 Jahren rekrutiert und in vier Kollektive eingeteilt: KONTROLL (n=27), CIDP (n=27), KTS (n=18) und CIDP-KTS (n=12). Bei allen Patienten wurden beide Hände untersucht. Für die Auswertung wurden in den Gruppen KTS und CIDP-KTS nur die betroffenen Hände berücksichtigt, womit insgesamt 154 Hände ausgewertet wurden. Bei allen Probanden wurde an beiden Händen die Querschnittsfläche (cross-sectional area = CSA) des Nervus medianus im Bereich des Handgelenks (CSA-wrist = CSAw) und im distalen Drittel des Unterarms (CSA-forearm = CSAf) gemessen. Aus diesen gewonnenen Messwerten wurde zur besseren quantitativen Beurteilung ein Quotient gebildet (wrist-forearm-ratio = WFR). Der N. medianus ließ sich bei allen Patienten problemlos darstellen. Sowohl der CSAw als auch das WFR waren in der KTS-Gruppe signifikant größer (p